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Stark fürs Leben – Zukunftskompetenzen an Schule fördern

Zukunftskompetenzen
Blick aufs Podium

© DKJS/ Anna Kolata


Um Zukunftskompetenzen entwickeln zu können, brauchen Schüler:innen Freiräume. Freiräume, in denen sie selbst aktiv werden, sich mit Problemen aus ihrer Lebenswelt auseinandersetzen und eigene Lösungen entwickeln und umsetzen können. Wie diese Freiräume an Schule geschaffen werden können, war Thema des Fachtages „Stark fürs Leben – Zukunftskompetenzen an Schule fördern“.

3D-Druckspezialist:in, Datenethiker:in, Reparateur:in oder Roboterberater:in – in derzeit noch nicht existierenden Berufen wie diesen könnten Schüler:innen von heute in Zukunft arbeiten. In einer Zukunft, die immer digitaler wird, in der Daten eine immer wichtigere Rolle spielen, in der Ressourcen knapper und Klimaschutzfragen immer drängender werden. Die Schule ist der Ort, der Schüler:innen auf diese Zukunft vorbereiten soll. Welche Kompetenzen brauchen Schüler:innen dafür? Wie vermitteln wir sie an Schulen? Um diesen Fragen gemeinsam nachzugehen, sind etwa 90 Lehrkräfte, Sozialarbeiter:innen, Vertreter:innen von Verwaltungen, Vereinen und Unternehmen angereist. Aber vor allem spielen die Jugendlichen selbst eine ganz zentrale Rolle an diesem Tag. Deshalb sitzen sie auch in der ersten Reihe, als das Programm im großen Plenarsaal startet.

„Die Notwendigkeit von Zukunftskompetenzen konnten wir in der Pandemie sehr deutlich erkennen: Von einem auf den anderen Tag mussten sich Schüler:innen selbst organisieren, motivieren und strukturieren. Wer das konnte, war klar im Vorteil. Wo aber lernen Schüler:innen solche Fähigkeiten? Am besten in einem Vorhaben, das sinnhaft ist, wo sie sich beteiligen und selbstbestimmt einbringen können und am Ende ein Gefühl der Selbstwirksamkeit haben: Ich habe etwas geschafft. Schüler:innenfirmen sind hierfür ein sehr gutes Beispiel. Deshalb sind sie ein Thema, das die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung schon lange beschäftigt und wir haben das Corona-Aufholprogramm auch dafür genutzt, sie besonders zu stärken“, macht Anna Davis, Leiterin Programme in der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, in ihrer Begrüßung deutlich. 

Stetiger Wandel ist normal

Myrle Dziak-Mahler, Kanzlerin der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft, eröffnet ihre Keynote „Zukunft4 - Sicherheit gewinnen, Krisen bewältigen“ mit einer kurzen Skizzierung, wie es um die Schüler:innen nach der Pandemie steht: Die psychische Gesundheit hat sich durch die Pandemie deutlich verschlechtert und die Zukunftsangst ist nicht zuletzt durch den Ukraine-Krieg stark gestiegen. „Wer am Anfang von Corona noch geglaubt hat, dass Post-Corona der gleiche Zustand wie Prä-Corona mit etwas mehr Impfstoff ist, hat sich massiv geirrt. Wir leben jetzt in einer ganz anderen Welt“, macht sie deutlich. Sie geht auf Herausforderungen wie Digitalisierung, Beschleunigung und die aktuelle Energiekrise ein und macht klar: „Wir müssen verinnerlichen, dass der Wandel unser neuer Normalzustand ist.“ 

Um diesen Entwicklungen zu begegnen, empfiehlt Myrle Dziak-Mahler, dass wir – allen voran die Schulen – in Zukunft vier Kompetenzen in den Vordergrund stellen: change literacy (Veränderungskompetenz), future literacy (die Fähigkeit, die Rolle der Zukunft besser zu verstehen), digital literacy (digitale Kompetenz) und computer literacy (Computerkenntnisse). Sie macht deutlich: Veränderungskompetenz erlangen wir umso leichter, je besser wir Changeprozesse verstehen. Anschaulich zeigt sie anhand einer Changekurve, die ursprünglich aus der Trauerbewältigung stammt, welche Phasen wir bei Veränderungen durchlaufen. Neben diesem Wissen ist es für Dziak-Mahler zentral, alte Bewertungsmuster zu überdenken. Bei der future literacy führt sie am Beispiel der Timeline-Methode aus dem Coaching vor, wie wir unsere Denkrichtung verändern und unsere Perspektive nach vorn statt nach hinten ausrichten können – etwa, indem wir uns bei der Fragen nach Veränderung an Schule wirklich einfühlen, wie Schule in zehn Jahren genau aussehen soll. Und sie schließt ihre Keynote mit der Empfehlung:

„Wenn wir Sicherheit gewinnen und Krisen bewältigen wollen, müssen wir selbst schlau sein – Stichwort computer literacy und digital literacy.  Wir müssen Entscheidungen treffen und den Mut zum Handeln haben, jeden Tag.“

Myrle Dziak-Mahler, Kanzlerin der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft

Mehr Freiräume für selbstbestimmtes Lernen

In der anschließenden Podiumsdiskussion tauschten sich sechs Expert:innen über Gelingensbedingungen zur Förderung von Zukunftskompetenzen in Schule aus. Dabei kommen sehr unterschiedliche Themen zur Sprache – wie zum Beispiel: Forderungen der Öffnung des Unterrichts hin zu freien Lernformaten und weg von den althergebrachten Fächerstrukturen, die Rolle von Schulleitungen, die Frage der größeren Autonomie von Schulen, die immer wieder diskutierte Einführung von Fächern wie Informatik oder die Frage, wie es um ihre psychische Gesundheit steht. Der rote Faden, der sich durch alle Diskussionspunkte  zieht: Wie können wir Schüler:innen Freiräume für ein selbstbestimmteres Lernen ermöglichen, das sie gut mit den nötigen Zukunftskompetenzen ausstattet?

In der Mittagspause haben die Teilnehmer:innen Gelegenheit, sich beim Essen auszutauschen. „Ich nehme an dem Fachtag teil, weil ich Inspirationen für die Arbeit mit meinen Schüler:innen suche und Anknüpfungspunkte für die Projekte, die ich mit ihnen noch machen möchte“, erzählt Tanja Kleeh, die als Teach-First-Fellow derzeit an einer Neuköllner Schule arbeitet.

Zukunftskompetent durch Schüler:innenfirmen

An Ständen auf dem„Marktplatz“ vor dem Plenarsaal können die Teilnehmer:innen die Arbeit der eingeladenen Schüler:innenfirmen kennenzulernen – etwa Fair World Company, die fair gehandelte Produkte vertreibt, der Benndorfer Holzbau, in der Schüler:innen Holzprodukte wie alters- und hochstuhlgerechte Hochbeete herstellen. Am Stand von Medien & Büro graviert ein Laser-Cutter gerade Stifte. Eine Lehrerin nimmt gleich die Visitenkarte mit, um Werbematerialien für ihre Schule zu bestellen. Auf einem Präsentiertisch neben dem Cutter steht eine zur Öllampe umfunktionierte alte Glühlampe und Cubes, die gleichzeitig als Stiftehalter und Aufladegerät fungieren. All diese Produkte haben die Schüler:innen selbst entworfen und produziert. „Ich merke, dass ich aus der Schülerfirma heraus positive Aspekte in den Unterricht hineintrage. Ich habe zum Beispiel gelernt, im Team und mit Andersaltrigen zu arbeiten. Und ich bin viel mutiger geworden, wenn ich etwas nicht weiß. Dann hole ich mir Hilfe von anderen, die sich gut damit auskennen“, erzählt die 17-jährige Hannah Streller, die sich in der Schüler:innenfirma um das Design und den Verkauf kümmert. 

„Die Generation Z ist eine Generation, die fragt: Warum muss ich das lernen? Eine Schülerfirma ist eine ideale Methode, um den Schüler:innen individuellen Unterricht zu ermöglichen, der sie für die Zukunft fit macht. Und das in ganz vielen Bereichen wie etwa Berufsorientierung und Bildung für nachhaltige Entwicklung.“

Martin Häusler, setzt sich schon seit Jahren als Lehrer am Georg-von-Langen Schule in Holzminden für Schüler:innenfirmen ein.

Inspirationen für Freiräume an Schulen

Claudia Köhler, Standortleiterin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung in Sachsen-Anhalt macht in einer Unterhaltung beim Mittagsessen noch einmal deutlich: „Um Zukunftskompetenzen an Schulen zu fördern, braucht es ein Setting: einen strukturierten, vorgegebenen, regelmäßig geplanten Freiraum, in dem Schüler:innen von ihren Interessen aus eigene Fragestellung bearbeiten, für sie in ihrer Lebenswelt relevante Probleme auseinandersetzen und fächerübergreifend eigene Lösung entwickeln.“ Inspirationen, wie solche Freiräume konkret geschaffen, gestaltet und genutzt werden können, vermitteln die anschließenden acht Workshops, die in zwei Zeitschienen stattfinden, sodass alle Teilnehmer:innen an zwei Formaten teilnehmen können. 

In einem Workshop geht es darum, wie Lehrkräfte insbesondere die Zukunftskompetenzen von Mädchen stärken können. Die Programme Wir stärken Mädchen – Future Ready und Technovation Girls Germany zeigen hierzu konkrete Projektbeispiele. So erfuhren die Teilnehmer:innen des Workshops z.B. wie es gelingt, dass Mädchen eigene Apps als Antworten auf soziale und ökologische Herausforderungen ihrer Lebenswelt programmieren.

Mit den Methoden Pitching und Design Thinking stellen Mitarbeiterinnen der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung zwei Methoden vor, wie in Schulen eigene Problemlösungen entwickelt und präsentiert werden können. In einem anderen Seminarraum können Teilnehmer:innen eine Menge von Schüler:innenfirmen lernen, zum Beispiel wie Lernen auf Augenhöhe am besten funktioniert. Wieder andere Teilnehmer:innen entwickeln eine eigene Unterrichtseinheit zum Thema „Probieren geht über Studieren“ und erfahren dabei eine Menge über das kreative Arbeiten im Team. Bei Selfcare geht es vor allem um positive Bewältigungsstrategien bei Stress mit praktischen Übungen. Sehr gut besucht ist der Workshop des Lehrers Jan Vedder, der vorstellt, wie seine Schule Corona genutzt hat, um einen radikalen Neuanfang zu starten – mit themenorientiertem Lernen (Theo), Lernentwicklungsaustausch (LEA) und dem Frei Day, einem Tag für selbstbestimmtes Lernen.

Nach der intensiven Workshop-Phase kommen alle Teilnehmer:innen noch einmal zusammen, um sich auszutauschen und zu vernetzen.

„Ich komme von der Unternehmensseite und Unternehmen bemängeln, dass sie bestimmte Kenntnisse bei den Jugendlichen vermissen – wie etwa Kreativität, Durchhaltevermögen, Problemlösefähigkeit, Eigeninitiative, unternehmerisches Denken und Handeln und eine gewisse digitale Grundkompetenz. Deshalb versuchen wir Schulen dabei zu unterstützen, diese fehlenden Kompetenzen zu vermitteln. Und da habe ich heute viel Gleichgesinnte getroffen und sehr gute Anregungen bekommen.“

Resümee von Kai Schirmer von der Initiative NachwuchsKraft

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