Nachgefragt: Es liegt in unserer Verantwortung, die Bewegung von Kindern und Jugendlichen zu fördern


Die DFL Stiftung ist eine von 18 Umsetzungspartner:innen von AUF!leben – Zukunft ist jetzt. Seit Anfang des Jahres setzt sie sich gemeinsam mit 24 Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga mit dem Programm „Bundesliga bewegt“ dafür ein, Kinder nachhaltig in Bewegung zu bringen. Im Interview geben Franziska Fey, Vorstandsvorsitzende der DFL Stiftung, Oliver Leki, Vorstand Finanzen, Organisation und Marketing des Sport-Club Freiburg, und Frank Baumann, Geschäftsführer Fußball beim SV Werder Bremen, einen Einblick in das Programm.

© DFL/Katrin Denkewitz
Franziska, „Bundesliga bewegt“ möchte die Vernetzung im Sozialraum stärken und dadurch Bewegungsangebote für junge Menschen noch besser verzahnen. Wie kann man sich das konkret vorstellen?
Unserer Erfahrung nach liegt vor Ort jeweils großes Potenzial. Um das gezielt einzusetzen, hilft es, Kräfte zu bündeln. Die Idee von „Bundesliga bewegt“ ist, dass sich Proficlubs mit Schulen, Kitas, Kommunen und weiteren Akteurinnen und Akteuren im Sozialraum stärker vernetzen. Im Verbund legen sie einen Sozialraum fest, in dem sie aktiv werden wollen, zum Beispiel einen benachteiligten Stadtteil im Umfeld des Proficlubs. Eine eigens bei den Clubs für das Programm angestellte Person koordiniert die sportartenübergreifenden Bewegungsangebote in Zusammenarbeit mit der Kita und Grundschule im Sozialraum. Zudem stärkt sie Vernetzungsangebote, zum Beispiel „Runde Tische“, und initiiert Qualifizierungsmaßnahmen für Trainings- und Lehrpersonal. Die Rolle des Bewegungskoordinators oder der -koordinatorin ist eine Schlüsselrolle im Programm.

© SV Werder Bremen
Herr Baumann, Herr Leki, der SV Werder Bremen und der Sport-Club Freiburg gehören zu den Mitinitiatoren von „Bundesliga bewegt“. Wie ist die Idee entstanden?
Frank Baumann: Der SV Werder Bremen ist bereits seit 2002 mit dem Ansatz, durch Partnerschaften zu Bildungsinstitutionen und Partnervereinen Kindern und Jugendlichen Zugänge zum Sport zu ermöglichen, aktiv. Im Laufe der vergangenen 20 Jahre haben wir viele Erfahrungen gesammelt und unseren Ansatz zu einer sozialraumorientierten und abteilungsübergreifenden Sportidee des Clubs weiterentwickelt. Sie mündet in unserem SPIELRAUM Konzept. Seit 2019 stehen wir dabei auch mit ALBA BERLIN im engen Austausch, die mit ihrer wertvollen und weit vorangeschrittenen Arbeit in Berlin bereits seit Jahren an der Aktivierung von Kitas, Schulen und Vereinen arbeiten.

© SC Freiburg
Oliver Leki: Seit 2004 bietet der Sport-Club Freiburg e.V. Sportprogramme an und seit 2015 bündeln wir das gesamte Engagement unter dem Motto „SC Freiburg – mehr als Fußball“ und koordinieren alle Maßnahmen in der Abteilung „Gesellschaftliches Engagement“. Dass das langjährige Engagement derzeit mit den Themen „Bewegungsförderung“ und der Herausforderung „Bewegungsmangel besonders bei Kindern“ einen richtigen Schwerpunkt gewählt hat, untermauern alarmierende Zahlen verschiedener aktueller Studien.
In der Saison 2020/21 hat sich eine Arbeitsgruppe aus DFL Stiftung, dem SV Werder Bremen und SC Freiburg gegründet, um die gemeinsamen Ideen zusammenzuführen und einen Handlungsrahmen für die gesamte Bundesliga als einen wesentlichen Baustein der sozialen Nachhaltigkeit zu denken.
Frank Baumann: Es ist Teil unserer gesellschaftlichen Verantwortung in Bremen und an allen anderen Bundesliga-Standorten, der Bewegungsarmut bei Kindern und Jugendlichen etwas entgegenzusetzen und aktiv zu handeln. „Bundesliga bewegt“ bietet die Chance der Vernetzung unter den Clubs, bei der wir uns von Beginn an sehr gerne einbringen wollen.
Die Vereine setzen Impulse, vernetzen Kitas, Schulen, Breitensportvereine sowie weitere soziale Institutionen miteinander.
Oliver Leki, SC Freiburg
Herr Leki, welche Rolle nehmen die teilnehmenden Clubs bei „Bundesliga bewegt“ ein?
Oliver Leki: Die Bundesligaclubs nutzen ihre Kernkompetenzen Sport und Fußball sowie ihre Strahlkraft, um gemeinsam mit Akteur*innen aus den jeweiligen Städten Sport im Sozialraum zu denken und weiterzuentwickeln. Die Vereine setzen Impulse, vernetzen Kitas, Schulen, Breitensportvereine sowie weitere soziale Institutionen miteinander. Darüber hinaus bieten sie selbst Sportprogramme an und qualifizieren zum Beispiel zusammen mit dem lokalen Fußballverband Trainingspersonal in der Region, aber auch Mitarbeitende von Kitas und Schulen.
Unser Netzwerk soll verbunden und langfristig befähigt werden, altersgerechte Bewegungsangebote selbstständig umzusetzen.
Frank Baumann, SV Werder Bremen
Herr Baumann, wie sieht das konkret in Bremen aus?
Frank Baumann: Werder fungiert im lokalen Netzwerkverbund als Impulsgeber und gleichzeitig als lernende Organisation, die auch Strukturveränderungen im Bereich der Bewegungsförderung aufnimmt. Unser Netzwerk soll verbunden und langfristig befähigt werden, altersgerechte Bewegungsangebote selbstständig umzusetzen. SPIELRÄUME – das sind kind- und jugendgerechte Sozialräume mit kurzen Wegen – werden gemeinsam gestaltet mit der Idee, Sportlandschaften in Bremen und Niedersachsen nachhaltig und zukunftsorientiert weiterzuentwickeln. Geleitet werden die Bewegungsangebote von sogenannten Werder Coaches, die selbst Fort- und Weiterbildungen im Bereich „Kindersport“ sowie kontinuierliche Netzwerktreffen für den Erfahrungs- und Wissensaustausch wahrnehmen können.
Oliver Leki: In Freiburg läuft es ganz ähnlich ab. Ergänzend zu Frank Baumann soll auch der „Ort“ Bolzplatz genannt werden, der in unseren Quartieren oder in den SPIELRÄUMEN eine wichtige Rolle spielt. Durch das Gemeinschaftsprogramm „Bundesliga bewegt“ konnten wir unsere bereits bestehenden Angebote zusammenführen und mit der Idee unserer Sport-Quartiere eine strukturelle Weiterentwicklung des Sport(vereins)modells in Freiburg und der Region angehen.
Unser Ziel ist es, „Bundesliga bewegt“ langfristig an allen Standorten fortzuführen und die Idee weiter wachsen zu lassen.
Franziska Fey, DFL Stiftung
Franziska, wie geht es weiter mit „Bundesliga bewegt“?
Damit Kinder an 365 Tagen im Jahr von hochwertigen, aufeinander aufbauenden Bewegungsangeboten profitieren können, wird es vor allem darum gehen, die Vernetzung im Sozialraum weiter zu stärken, Bewegungs- und Begegnungsräume zu schaffen und aktiv die Stadtentwicklung mitzugestalten. In der „Bundesliga bewegt“-Steuerungsgruppe mit dem SC Freiburg und dem SV Werder Bremen identifizieren wir Potenziale und tragen diese durch verschiedene Formate an die beteiligten Clubs und deren Partnernetzwerke heran. Gleichzeitig lernen wir von und mit anderen. Es besteht ein Austausch mit verschiedenen Sportorganisationen, Stiftungen, Arbeitsgruppen, insbesondere auch mit dem Basketballverein ALBA BERLIN zu dessen Initiative SPORT VERNETZT. ALBA BERLIN ist ein Vorreiter der Idee der Sozialraumvernetzung, um Kinder in Bewegung zu bringen.
Um nachhaltig wirken zu können, befassen wir uns zudem intensiv mit Möglichkeiten zur Fortführung des Ansatzes. Bis August 2022 wird „Bundesliga bewegt“ aus Mitteln von „AUF!leben – Zukunft ist jetzt.“ umgesetzt. Ziel ist es, „Bundesliga bewegt“ langfristig an allen Standorten fortzuführen und die Idee weiter wachsen zu lassen – dafür benötigt es Unterstützung und weitere Förderung.
Weitere Informationen zu „Bundesliga bewegt“ finden Sie hier.
Die DFL Stiftung setzt sich seit ihrer Gründung im Jahr 2008 dafür ein, dass Kinder und Jugendliche in ihrer persönlichen Entwicklung gestärkt werden. Sie engagiert sich u. a. im Verbund mit den Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga für das gesunde und aktive Aufwachsen von Kindern, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die unbeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Zudem unterstützt sie junge Athlet:innen aus über 50 olympischen und paralympischen Sportarten sowie dem Gehörlosen-Sport.
SPORT-QUARTIERE DES SC FREIBURG
Die Initiative des SC Freiburg heißt „Sport-Quartiere“. Derzeit gibt es sieben Sport-Quartiere, die in Freiburg aufgebaut werden, vier davon zusammen mit der Stadt Freiburg, der step stiftung und der beruf leben akademie. In einem Sport-Quartier gibt es mindestens eine Kindertagesstätte, eine Grundschule und einen Breitensportverein, die miteinander vernetzt werden. Optimalerweise kommen weitere soziale Akteur*innen hinzu, auch der Ort „Bolzplatz“ spielt eine wichtige Rolle, und die Sport-Quartiere werden mit der Zeit größer. Folgende Sportprogramme werden angeboten: Mini-Ballschule (Kita), Füchsle-Ballschule und Funiño-AG (Grundschule), Füchsle-Tage und Füchsle-Camps (Vereine) sowie das kick mobil auf verschiedenen Bolzplätzen.
SPIELRAUM KONZEPT SV WERDER BREMEN
Das SPIELRAUM Konzept vereint die Bausteine Sport, Bildung und Netzwerk. Ein SPIELRAUM ist ein aktiv miteinander agierendes Netzwerk. Es besteht aus KiTa, Grundschule, weiterführender Schule, Sportverein, sozialem Träger und kommunaler Einrichtung. Um Kindern und Jugendlichen einen kontinuierlichen Sportzugang zu ermöglichen, werden wöchentliche Sport- und Bewegungsangebote sowie regelmäßige Events in der Betreuungszeit, Freizeit und Ferienzeit angeboten. Seit dem letzten Jahr besteht eine Partnerschaft mit ALBA BERLIN und deren Initiative SPORT VERNETZT.
ALBA BERLIN / SPORT VERNETZT
Mit SPORT VERNETZT beteiligt sich ALBA BERLIN als Sozialakteur aktiv an der Stadtentwicklung und bringt in sozial herausfordernden Räumen Akteur*innen aus Politik, Sport, Bildung und vielen weiteren Institutionen verbindlich zusammen, um Kindern dauerhaft gute Bewegung zu ermöglichen. Mit SPORT VERNETZT gibt ALBA BERLIN seine Erfahrungen an andere Sportvereine weiter und überträgt damit die Vision einer Sportstadt, in der jeder Mensch von klein auf seine eigene Sportbiografie schreiben kann, auf Standorte in ganz Deutschland.
PROGRAMM SPIELRAUM der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung
Mit dem Programm SPIELRAUM unterstützte die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung in Kooperation mit Nike von 2008 bis 2010 Jugendliche in ausgewählten Kommunen dabei, gemeinsam mit Trägern der Jugendsozialarbeit und anderen lokalen Akteuren Verantwortung für ungenutzte, öffentliche Plätze in sozial benachteiligten Stadtteilen zu übernehmen und sie zu lebenswerten Orten mit neuen sozialräumlichen Nutzungskonzepten für Sport und informelle Bildung umzugestalten.