u_count: Jugend-Engagementbefragung 2019/2022


© DKJS/ Volker Beushausen
Welche Rahmenbedingungen brauchen engagierte und nicht engagierte junge Menschen für (ihr) freiwilliges Engagement? Dazu hat die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) 2019 im Auftrag des Bundesjugendministeriums junge Menschen im Alter von 15 bis 27 Jahren im Programm u_count – gemeinsam Gesellschaft gestalten befragt. Bundesweit diskutierten insgesamt 1.187 Jugendliche und junge Erwachsene über ihr Verständnis von Engagement und ihre Motive, sich einzusetzen. In 48 überregionalen Zukunftswerkstätten und Jugendhearings entwickelten sie Ideen, wie ihr Engagement gefördert werden kann und formulierten Handlungsempfehlungen für Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft.
Um Teilnehmer:innen für die Veranstaltungen zu gewinnen, beteiligte die DKJS Partner aus der unmittelbaren Lebenswelt der jungen Menschen wie Schule, Tanzverein oder Feuerwehr. Die Veranstaltungen fanden sowohl in städtischen Ballungsgebieten wie Hamburg oder Berlin als auch in ländlichen Räumen wie Mittelherwigsdorf an der polnischen Grenze und in Oberviechtach in der Oberpfalz statt.
Im Rahmen von AUF!leben – Zukunft ist jetzt. erfolgt nun eine zweite Befragungsrunde.
Einen spannenden Einblick in die Ergebnisse der ersten Befragung zu jungem Engagement gibt Programmleitung Peggy Eckert.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse aus u_count?
Peggy Eckert: Insgesamt können wir vier Kernaussagen treffen. Junge Menschen wollen sich engagieren und ihr Umfeld mitgestalten, ihnen fehlt es aber häufig an Informationen und Zugängen zum Engagement. Vor allem wünschen sie sich jugendgerechte Informationswege. Die zweite Kernaussage ist, dass junge Menschen sich Anerkennung für ihr Engagement aus dem direkten Umfeld – also Familie, Freundeskreis usw. – wünschen. Ihnen ist „echtes“ Lob also wichtiger als Likes in den sozialen Netzwerken. Monetäre Aufwandsentschädigungen sind ihnen nicht so wichtig. Aber sie wünschen sich Qualifikationsnachweise oder Freistellungen von der Schule. Der dritte Punkt betrifft das Ansehen von freiwilligem Engagement in unserer Gesellschaft. Die jungen Menschen haben uns erzählt, Engagement hätte aus ihrer Sicht oft ein negatives Ansehen. Besonders unter Gleichaltrigen stoßen sie auf abweisende Reaktionen, wenn sie sich engagieren oder von ihrem Engagement berichten. Das schreckt sie ab und hemmt sie, selbst ein Engagement aufzunehmen. Als letzte Kernaussage kann der Wunsch nach Partizipation genannt werden.
Was sind die wichtigsten Ergebnisse in Bezug auf Partizipation im Engagement?
Peggy Eckert: Jugendliche und junge Erwachsene wollen sich einbringen und Gesellschaft
mitgestalten. Sie wünschen sich von Erwachsenen Vertrauen und Kommunikation auf Augenhöhe und wollen echte Entscheidungsspielräume in ihrem Engagement. Dies wird in den Ergebnissen der Befragung deutlich. Ebenso, dass neben den zentralen Motiven „anderen zu helfen“ und „Spaß zu haben“ eben „Mitbestimmung“ benannt wird. Im Vergleich zeigt sich, dass noch nicht Engagierte dies nur zu 25 Prozent als Motiv nennen, während es 56 Prozent der bereits Engagierten als Beweggrund äußern. Möglichkeiten der Mitbestimmung sind für junge Menschen ein wichtiger Anreiz, sich zu engagieren – und deshalb von zentraler Bedeutung für Organisationen bei der Einbindung Jüngerer. Die Gespräche zeigen, dass sich junge Menschen Möglichkeiten wünschen, sich einzubringen und sich zu beteiligen. Als besonders hemmend empfinden sie, dass ihnen aufgrund ihres jungen Alters die Fähigkeit abgesprochen werde, Verantwortung übernehmen zu können: „Wir sind in einem Alter, in dem wir Auto fahren dürfen, aber man traut uns nicht zu, allein in einem Raum zu sein.“
Welche Handlungsempfehlungen haben Ihnen die jungen Menschen mitgegeben oder können daraus abgeleitet werden?
Peggy Eckert: Die jungen Menschen schlagen beispielsweise vor, die Fahrkarten für den Nahverkehr zu vergünstigen oder mehr „Mitfahrbänke“ einzurichten. Auch wünschen sie sich eine Stärkung des Zusammenhalts durch gemeinsame Dorffeste. Um Angebote attraktiver zu machen, schlagen sie vor, Zugänge zu Sportplätzen nicht nur Vereinen zu ermöglichen, sondern die Plätze für alle zu öffnen. Darüber hinaus sind die jugendgerechte Informationsübermittlung und Ansprache zentrale Aspekte. Vereine und andere Einrichtungen sollten vor allem überprüfen, ob sie Social-Media-Kanäle stärker nutzen können. Zudem könnte es stärkere Kooperationen von Schule und Zivilgesellschaft geben. Junge Menschen verbringen einen Großteil ihres Tages in der Schule, sie könnte daher als Informationsort genutzt werden, beispielsweise könnten sich Vereine dort vorstellen. Auch die Vernetzung mit Einrichtungen der offenen Jugendarbeit wie Jugendclubs scheint eine gute Möglichkeit, um jungen Menschen erfahrungsbasiertes Lernen zu ermöglichen, was wiederum ihre Kompetenzen stärkt. Dadurch sammeln sie Selbstwirksamkeitserfahrung und bilden beispielsweise ihre Demokratiekompetenz aus. Jungen Menschen sollte mehr Partizipation im Engagement ermöglicht werden. Sie brauchen echte Entscheidungsspieleräume. Es empfiehlt sich, die Anerkennungskultur nicht nur innerhalb der Einrichtung zu stärken, sondern auch nach außen hin. Durch die Ganztagsschule und weitere Faktoren verfügen junge Menschen häufig nur über wenig zeitliche Ressourcen. Angebote sollten so gestaltet sein, dass sie sie auch wahrnehmen können, beispielsweise durch die Arbeit im Tandem oder passende Aufgabenpakete. Dafür bietet sich auch die Nutzung digitaler Unterstützungsmöglichkeiten wie Kommunikations-Tools an. Abschließend lässt sich sagen, dass Engagementangebote für junge Menschen spannend und abwechslungsreich gestaltet sein sollten und ihnen ein schneller und unbürokratischer Zugang dazu zur Verfügung gestellt werden sollte.
Weitere Informationen zu u_count sowie den vollständigen Abschlussbericht finden sie hier.