Frühkindliche kulturelle Bildung in Pandemie-Zeiten

© Deutsches Filminstitut und Filmmuseum e. V.
Wie stellen wir sicher, dass auch die Jüngsten von kultureller Bildung profitieren? Warum haben hochwertige Angebote kultureller Bildung immer noch keinen festen Platz im Alltag vieler Kinder? Und wie gelingen uns Angebote früher kultureller Bildung – gerade in Pandemie-Zeiten? Wir haben Anregungen, Positionen, Praxistipps und Projekteinblicke für Sie zusammengetragen.
Die Pandemie verlangt pädagogischen Fachkräften, Kindern und ihren Familien in Kindertageseinrichtungen ein hohes Maß an Flexibilität und Durchhaltevermögen ab. Mit den – oft sorgenvollen und unsicheren – Erfahrungen der sich ständig verändernden Arbeits- und Lebensbedingungen wünschen sich Fachkräfte gerade für Kinder Stabilität und Zuversicht.
Kulturelle Bildung entspricht in vielen Aspekten der Art und Weise, wie vor allem jüngere Kinder mit all ihren Sinnen lernen, und verschafft ihnen einzigartige Erfahrungsräume. Beim Lernen in und mit den Künsten erweitern sie nicht nur ihr Wissen und Können, sondern sie erhalten auch Anerkennung und Selbstvertrauen – und werden in ihrer Individualität und Persönlichkeitsentwicklung gestärkt. Frühe kulturelle Bildung sichert gute Bildungs- und Zukunftschancen.
Umso wichtiger ist es, dass kulturelle Angebote von Anfang an fest zum Alltag eines jeden Kindes gehören – auch in Krisenzeiten. Denn gerade jetzt kann kulturelle Bildung an Kitas, in Kunst- und Kultureinrichtungen sowie im Lebensumfeld von Kindern einen wichtigen Beitrag leisten, Gemeinschaft zu erleben, Selbstbewusstsein zu tanken und Anerkennung zu erhalten. Dies gilt vor allem für diejenigen, denen aufgrund ihrer Lebensumstände solche Zugänge fehlten und fehlen.
Alle Kinder haben ein Recht auf frühe kulturelle Bildung
Frühe kulturelle Bildung fördert kulturelle und gesellschaftliche Partizipation von Beginn an. Sie ist eng verknüpft mit zentralen Anliegen einer zeitgemäßen Demokratiebildung und berührt Fragen von Inklusion, Meinungsvielfalt, Umgang mit Diversität oder Nachhaltigkeit. In hoher Qualität umgesetzt, leistet sie einen konkreten und wichtigen Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit und stärkt das Miteinander.
Alle Kinder müssen – unabhängig von Herkunft, Wohnort, sozialer Lage, Kultur- oder Kita-Angebot – die Möglichkeit haben, frühe Erfahrungen mit Kunst und Kultur zu machen und von ästhetischen Auseinandersetzungen zu profitieren. Die in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschriebenen Rechte bilden die Basis und den Rahmen für die Umsetzung einer frühkindlichen kulturellen Bildung.
Netzwerk Frühkindliche Kulturelle Bildung
Das Netzwerk Frühkindliche Kulturelle Bildung macht sich dafür stark, dass diese Kinderrechte im Kontext kultureller Bildung mehr Aufmerksamkeit erhalten – und verwirklicht werden können. Auf der Website des Netzwerks finden Sie eine Reihe von Positionspapieren zur frühkindlichen kulturellen Bildung. Dazu gehört z. B. das Positionspapier „Kulturelle Bildung ist ein Kinderrecht“.
Als bundesweiter Zusammenschluss von Akteur:innen aus den Bereichen Kunst, Kultur und Bildung stärkt das Netzwerk kulturelle Bildung im frühen Kindesalter, um so die Bildungsbedingungen und Teilhabechancen von Kindern zwischen null und zehn Jahren in Deutschland nachhaltig zu verbessern. Im Fokus stehen dabei Kinder in den ersten sechs Lebensjahren sowie die Menschen und Institutionen, die ihre Lebenswelt mitgestalten.
Im Netzwerk gibt es zahlreiche Träger, die frühkindliche kulturelle Bildung fest in ihrem pädagogischen Konzept verankert haben. Vier von ihnen teilen ihre wichtigsten Erfahrungen zur Frage: Wie kommt kulturelle Bildung in die Kita?
Kulturelle Bildung ist nicht verhandelbar
Darf es bei der Förderung und Unterstützung von Kindern nach zwei Jahren Pandemie ein Abwägen geben, welche Bildungsthemen besonders und welche weniger wichtig sind? Nein, schreibt Andreas Knoke im AUF!leben-Meinungsbeitrag. Kulturelle Bildung gehört zum Kern einer guten und ganzheitlichen Bildung. Sie ist nicht verhandelbar und wird gerade jetzt dringend benötigt.
Theater macht stark
Wie kann man aus der Corona-Krise das allerschönste Theater machen? Das finden 24 Kinder aus dem FRÖBEL-Kindergarten „Am Alfried Krupp Krankenhaus“ in Essen gemeinsam heraus. Gefördert mit Mitteln aus AUF!leben besucht sie zweimal wöchentlich eine Schauspielerin und vermittelt kindgerecht, wie sich mittels Theater, Rollenspiel und Tanz auch starke Gefühle, Sorgen und Ängste ausdrücken lassen. So lernen die Kinder, sich in Fantasiewelten zu bewegen, Luftschlösser zu bauen und Wünsche für das reale Leben zu formulieren. Ein Großteil von ihnen hat die Corona-Pandemie besonders intensiv erlebt: Viele Eltern arbeiten im Krankenhaus und sind seit Ausbruch der Pandemie stark eingespannt. Andere Kita-Kinder sind neu in Deutschland und konnten noch nicht richtig in ihrer neuen Heimat ankommen. Hier erfahren Sie mehr über das Projekt Theater macht stark.
„Theater kann den Kindern jetzt ganzheitlich vermitteln, dass sie auch in Krisenzeiten in der Lage sind, ihre Welt zu gestalten.“
Sarah Senkowski, Leiterin der Kita
„Am Alfried Krupp Krankenhaus“
Als einer von 18 Umsetzungspartnern von AUF!leben unterstützt der FRÖBEL e.V. verschiedene Projekte der frühen kulturellen Bildung in seinen Krippen und Kindergärten.
Netzwerk MiniFilmClub
In mehrere Städten Deutschlands führen jetzt Vorschulkinder die Regie für ein besonderes Filmprojekt. Das Netzwerk MiniFilmclub des Deutschen Filminstitut & Filmmuseum e. V. (DFF) ermöglicht über AUF!leben Kooperationen zwischen zehn Kitas und benachbarten Kinos. Insgesamt 100 Kinder setzen sich so über viele Monate hinweg mit dem Medium Bewegtbild auseinander: Sie erkunden den Vorführraum, sehen auch ungewöhnliche Filme und werden selber kreativ. Dabei entstehen z. B. gezeichnete Daumenkinos, Sandbilder oder einfache Animationsfilme. Hier geht es zum ausführlichen Einblick in das Projekt MiniFilmClub.
„Mit dem MiniFilmClub können wir Kinder noch einmal ganz anders erreichen und ihnen kulturelle Teilhabe ermöglichen.“
Ellen Harrington, Direktorin Deutsches Filminstitut &
Filmmuseum e. V., Frankfurt am Main
AUF!leben-Perspektivdialog zu früher kultureller Bildung
Wir laden Sie herzlich ein, beim dritten AUF!leben-Perspektivdialog am 15. März 2022 zum Thema frühkindliche kulturelle Bildung in den Austausch zu kommen. Unter dem Motto „Schere, Stein, Papier – Relevanz und Impulse für frühkindliche kulturelle Bildung in Pandemie-Zeiten“ setzt das Netzwerk Frühkindliche Kulturelle Bildung fachliche Impulse, gibt Einblicke in die Praxis und bietet Raum für Ideen und Vernetzung. Melden Sie sich bis zum 13. März 2022 für den Perspektivdialog an. Hier finden Sie weitere Informationen zum Programm und zu den einzelnen Workshops. Jetzt anmelden!