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Engagement macht stark!

Publikum von hinten bei der Tagung „Lernen durch Engagement in Bayern!“

© Giulia Iannicelli


Die Tagung „Lernen durch Engagement in Bayern!“ am 23. Juni 2022 zeigte, wie außerschulische Projektarbeit bei Kindern und Jugendlichen das Selbstvertrauen stärkt und ihnen Mut macht, die Zukunft gemeinsam zu gestalten.

Rund 50 Lehrkräfte, Wissenschaftler:innen, Politiker:innen, Schüler:nnen und Mitarbeiter:nnen von Freiwilligen-Zentren trafen sich am 23. Juni 2022 auf der Nürnberger Burg zu Vorträgen, Diskussionsrunden und Workshops im Rahmen der zweiten bayernweiten Tagung „Lernen durch Engagement“. Eingeladen hatte das Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Bayern (LBE), einer von 18 Umsetzungspartnern von AUF!leben. Seit vielen Jahren fördert das LBE diese Lehr- und Lernmethode – auch bekannt unter dem Titel „Service Learning“ – an vielen Standorten in Bayern. Schulischer Unterricht wird dabei mit gesellschaftlichem Engagement von Schülerinnen und Schülern in ihrem Umfeld kombiniert.

Erstmals konnten beim diesjährigen Fachtag auch die sechs neu gegründeten Anlaufstellen für Bildung und Bürgerschaftliches Engagement teilnehmen, die 2022 dank einer Anschubfinanzierung durch die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) in verschiedenen Orten in Bayern entstanden sind. Sie haben sich darauf spezialisiert, zwischen Schulen und ehrenamtlichen Bildungsunterstützern zu vermitteln, außerschulische Aktivitäten im sozialen Kontext zu organisieren und dabei „Lernen durch Engagement“ zu fördern.

Pippi Langstrumpf als Role Model: Unbeschulbar, aber stark!

Das Motto der diesjährigen Tagung lautete „Beteiligung macht stark! Resilienzförderung durch Service Learning“ und begann mit einem fachlichen Input von Dr. Mareike Nowak, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Schulpädagogik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Sie veranschaulichte das Thema „Resilienz“ u. a. anhand der Figur Pippi Langstrumpf, die nach heutigen Kriterien als nicht beschulbar gelten würde und doch Paradebeispiel für ein starkes, „resilientes“ Kind ist. Faktoren für eine widerstandsfähige Persönlichkeit, die Enttäuschungen und Krisen aushält, beschrieb Nowak zunächst als individuell im Temperament angelegt. Sie können dann durch positive Erfahrungen in Kindheit, Schule und Erwachsenenalter gestärkt werden und in unterschiedenen Lebensphasen und -bereichen verschieden stark ausgeprägt sein, z. B. in der Familie, beim Lernen oder im kreativen Gestalten. Verlässliche Bezugspersonen, Wertschätzung, Respekt sind wichtige Bedingungen dafür, aber auch ein strukturierter Alltag und ein unterstützendes Netzwerks sowie Freizeitangebote mit sozialen Kontakten.

Schulaktivitäten und Freizeitangebote sollten also zur Förderung der Resilienz bei Kindern und Jugendlichen immer so angelegt sein, dass sie Selbstwertgefühl stärken und Beziehungen ermöglichen. „Lernen durch Engagement“ bietet solche Erfahrungen und lässt Kinder und Jugendliche erleben, dass sie Herausforderungen in ihrem Einflussbereich aus eigener Kraft bewältigen können und darin wachsen.

​​​​​​​Echte Schülerbeteiligung als Chance 

Regine Leonhardt von der Stiftung Gute Tat in München und treibende Kraft von „Lernen durch Engagement" in Bayern schlug in ihrem Vortrag den Bogen zu gelungenen Praxisprojekten, die die Faktoren für Resilienzförderung beinhalten. Ob beim Bau von Insektenhotels, beim Schwimmunterricht für Geflüchtete, mit Konzepten für eine Verkehrsberuhigung im Quartier oder bunten Bildern für Krankenhausflure:  Kinder und Jugendliche zeigen sich interessiert und kritisch, wollen Gesellschaft mitgestalten. Manche reflektieren dabei auch ihre persönlichen Entwicklungen und äußern in Evaluationsbögen Sätze wie: 

„Ich habe keine Angst mehr, mit anderen Kindern zu sprechen!“

In der anschließenden, zum Teil sehr emotionalen Gesprächsrunde berichten Schülerinnen von ihren Eigeninitiativen und über die Herausforderungen in und nach der Corona-Pandemie, durch die sie gespürt haben, wie sehr jede und jeder einzelne gebraucht wird. Sie wünschen sich mehr echte Beteiligung in schulischen und gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen und dass dies als selbstverständlicher Bestandteil im normalen Unterricht verankert ist. Gelebte Demokratie und Beziehungen zum Gemeinwesen von Anfang an – dafür steht auch Bayerns Ehrenamtsbeauftragte Eva Gottstein. Sie möchte Eltern überzeugen, dass ehrenamtliches Engagement den Kindern und Jugendlichen in ihrer Schullaufbahn nicht schadet, sondern im Gegenteil ihre Persönlichkeitsentwicklung fördert.

Eigene Projekte erzeugen die größte Motivation


Wenn Jugendliche im sozialen Brennpunkt, die in ihrem Alltag Gewalt und Frust erleben, im Rahmen ihres Unterrichts an einer Förderberufsschule einen baufälligen Schafstall reparieren und umbauen, damit die Schafe dort weiterhin leben dürfen, dann erleben sie, dass sie etwas können und dass ihr Einsatz konkret und positiv etwas bewirkt. Wenn Schüler:innen der 7. Klasse einer Mittelschule die jüdische Geschichte ihres Ortes unter die Lupe nehmen und eine Ausstellung konzipieren, dann kommen sie in Kontakt mit unterschiedlichen Menschen aus der Vergangenheit und der Gegenwart und erleben Wertschätzung und öffentliche Anerkennung. 

Die Praxisprojekte, die engagierte Lehrkräfte aus allen Teilen Bayerns vorstellen, sprühen vor Kreativität und inspirieren alle Tagungsteilnehmer:innen zu neuen Projektideen. Und sie zeigen, wie wertschätzend das jeweilige lokale Umfeld auf Engagement-Angebote von Kindern und Jugendlichen reagiert und die Schulklassen um Unterstützung in ganz realen Bedarfssituationen bittet. „Das schönste war, dass sich die Schüler:innen das Engagement selbst aussuchen konnten. Das war die größte Motivation und hat sogar manche bei der Berufsorientierung geholfen“, berichtete eine Lehrerin. 

Dass wir die großen Fragen der Gegenwart – Klima, Krieg, Hunger, Ungerechtigkeit – nicht lösen können, wurde bei der Tagung immer wieder deutlich. Aber wir können Kindern und Jugendlichen die Erfahrung ermöglichen, dass sie in ihrem unmittelbaren Umfeld die Situation verbessern können anstatt Teil des Problems zu sein. Aktiv werden und sich für eine Sache engagieren, ist die beste Methode um stark zu werden und auf sozialen Halt in der Gemeinschaft vertrauen zu können.



„Service Learning“ als Unterrichtsmethode

 Für die Zukunft planen die Veranstalterinnen der Tagung neben der weiteren Überzeugungsarbeit bei Schulen und gesellschaftlichen Institutionen auch stärkere Kooperationen zu Einrichtungen der Lehrerausbildung. Ziel ist es, Lehrkräfte frühzeitig mit „Lernen durch Engagement“ als Unterrichtsmethode vertraut zu machen und in den Alltag möglichst vieler Kinder und Jugendliche zu integrieren. Wenn diese Methode, nämlich den Unterrichtsstoff im Rahmen eines konkreten Engagements zu lernen, zunehmend in den Lehrplänen verankert wird, hat dies vor allem zwei Vorteile:

  • der Weg über die Schulen garantiert, dass alle Kinder und Jugendlichen erreicht werden und die Chance erhalten, durch ihr Engagement in außerschulischen Kontexten Selbstwirksamkeit zu fahren und ihre Persönlichkeit weiter zu entwickeln ‒ bis hin zu konkreten Berufsvorstellungen für ihre Zukunft.
  • der Unterricht wird von Schülerinnen und Schülern stärker als sinnstiftend erfahren, wenn ihre Arbeit einen realen Nutzen hat ‒ zum Beispiel für die Natur oder für Menschen und Einrichtungen in ihrem sozialen Umfeld.

 
Mehr Informationen und Kontakt: 
Netzwerkstelle „Lernen durch Engagement in Bayern“
c/o Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Bayern e.V.
Claudia Leitzmann und Silvia Kalb
Telefon: 0911 810129-12/20
E-Mail: lernen-durch-engagement@lbe-bayern.de
 
www.lbe-bayern.de

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